Seit Beginn des neuen Schuljahres kann !Respect wieder Präventionsmaßnahmen in Grundschulen durchführen. Nachdem es im März zum Lockdown kam, konnten bis zu den Sommerferien keinerlei !Respect-Projekte mehr stattfinden. Die abgesagten Trainings konnten zwar ins aktuell laufende Schuljahr verschoben werden, so dass der Terminkalender bis Weihnachten nun wieder sehr gut gefüllt ist, aber die Zeit zwischen März und Juli war wie für viele andere auch sehr schwierig für !Respect. Die Einnahmen waren auf einmal komplett weggebrochen. Leider hat in dieser Zeit auch eine Trainerin den Verein verlassen, da sie sich als freie Mitarbeiterin ohne Einkünfte aus wirtschaftlichen Gründen umorientieren musste. Den Verlust bedauert !Respect sehr. Glücklicherweise hat der Verein in der Zwischenzeit bereits eine Nachfolgerin gefunden, die die entstandene Lücke gut füllen wird.
Eines der beiden ersten !Respect-Projekte direkt nach den Ferien fand in der Bielefelder Grundschule Vilsendorf statt, in der bereits im Vorjahr ein Konflikttraining stattgefunden hatte. Laut Schulleiter Volker Begemann-Kaufmann hat die lange Schulabstinenz gezeigt, dass eine Auffrischung des Programms wirklich notwendig war: "Der Schulstart nach all den Monaten ohne feste Strukturen veranschaulichte, dass das Konfliktpotenzial teilweise wieder zugenommen hat." Der Bedarf an einer Maßnahme zum sozial-emotionalen Lernen, wie sie !Respect anbietet, ist also eher gestiegen.
Die verschiedenen Abstands- und Hygieneregeln in den einzelnen Bundesländern und deren von Schule zu Schule unterschiedliche Umsetzung erfordern auf Seiten der !Respect-Trainer*innen eine hohe Flexibilität, um die Anforderungen aller Beteiligten zufrieden zu stellen. Aber viele Spiele und Übungen des !SocialSkills-Programms können auch unter Berücksichtigung aller Auflagen problemlos durchgeführt werden oder konnten geringfügig modifiziert Eingang ins Coaching finden, sagt Oliver Henneke, Konflikttrainer und bei !Respect zuständig für die Methodik.
Henneke hat beispielsweise mit ein wenig Phantasie die Einleitung für ein Rollenspiel zur !Respect-Stopp-Regel einfach dahingehend geändert, dass sich das Ärgern einer Mitschülerin auch ohne Berührung spielen lässt. Das hört sich dann so an: "Wisst Ihr, was am letzten Freitag passiert ist? Alina war gerade in der großen Pause auf unserem Pausenhof und wollte eigentlich gerade zu ihren Freundinnen gehen, um denen zu erzählen, was sie Schönes am Wochenende vorhat. Aber genau in diesem Augenblick kam Paul dazu. Und der hat auf einer Geburtstagsparty diesen riesigen Flutschfinger bekommen (siehe Foto), den er an dem Tag ganz stolz mit in die Schule gebracht und auf den Pausenhof mitgenommen hat. Und als er Alina gesehen hat, ist er einfach zu ihr hingelaufen und hat sie mit dem großen Finger in den Bauch gepiekt. Das hat Alina aber ein bisschen weh getan, und sie hat sofort folgendes gesagt." An dieser Stelle hält Henneke dann ein wenig inne und wartet ab, ob Alina bereits eigenständig einen Stopp-Satz formuliert oder ob ihr vielleicht Mitschüler*innen einen passenden Ratschlag erteilen. Bleibt beides aus, legt er dem Mädchen einen treffenden Stopp-Satz in den Mund, den Alina dann laut wiederholen soll, zum Beispiel: "Stopp, Paul! Hör auf, mich mit diesem albernen Ding zu pieksen.“ So lässt sich das Rollenspiel durchführen, ohne dass die teilnehmenden Kinder überhaupt merken, dass die Geschichte nur aus dem einen Grund so umständlich konstruiert ist, damit man sich nicht direkt berühren muss.
Aber auch wenn sich das Präventionsprogramm kontaktlos und unter Einhaltung der Abstandsregeln erfolgreich durchführen lässt, freuen sich die Trainer*innen bereits jetzt auf den Zeitpunkt, wenn die Kinder wie früher mitmachen und sich bei den vielen Spielen und Übungen dann auch wieder berühren dürfen. Und nicht nur die Coaches!
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